Selfpublishing und Crosslit
Crosslit umschreibt ein literarisches Handlungskonzept, mit dem Autorinnen und Autoren ihr literarisches Werk den Eigenschaften unterschiedlicher Verbreitungskanäle anpassen. Das Literaturmarketing wird zu einem die Literaturproduktion mitbestimmenden Potenzial.
Traditionell endet die Literaturproduktion mit der Fertigstellung einer literarischen Werkvorlage. Diese wird dann an einen Verlag oder an eine Agentur zur Verbreitung weitergereicht. Auch im bisherigen Selfpublishing gilt weitgehend diese grundsätzliche Trennung zwischen Produktion und Marketing. Dank der digitalen Technik haben Autorinnen und Autoren heute die Möglichkeit, direkt auf die Vertriebstechnik und das Vertriebsmanagement zuzugreifen. Sie tun das, indem sie die tradierten Fähigkeiten und Tätigkeiten der Verlage und Agenturen adaptieren, aber die Wechselbeziehung zwischen der Produktionsebene und der Vermarktungsebene nicht grundsätzlich verändern.
Das Bundesverfassungsgericht (1971) hat im Zusammenhang mit dem Urheberrecht festgestellt: „Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehört die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung und seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können.“
Danach liegt das weiteste Recht am geistigen Eigentum nicht bei den Verlagen oder bei einer Agentur, sondern bei den Autorinnen und Autoren. Das Selfpublishing ist also eine konsequente Modifikation des Literaturmarktes im Sinne der Freiheit der Autorinnen und Autoren.
Dem trägt im angelsächsischen Sprachgebrauch die Bezeichnung „Indie“ Rechnung. Man spricht von Indie-Literature, Indie-Autor und Indie-Publishing. Mit dem Label „Independent“ wird kulturell der Anschluss an die Entwicklung auf dem Filmmarkt (Indie films) und auf dem Musikmarkt (indie-music) gesucht. Indie or Indopendent beschreiben den Prozess, ein kulturelles Werk auf den Markt zu bringen, ohne die Abhängigkeit einer Agentur, eines Verlags oder eines Verleihers einzugehen. Ist das Label Indie an ein literarisches Werk geheftet, dann beschreibt es die Entscheidung oder den Weg einer Autorin oder eines Autors, alleine und unabhängig von traditionellen Verlagen ein Publikum zu finden.
Im Selfpublishing gibt es nur noch die drei grundlegenden Einheiten Autorin/Autor – Werk – Publikum. In diesem Beziehungsdreieck bewegt sich das Konzept Crosslit, indem es die Beziehungen zwischen Werk und Publikum aus der Perspektive der technischen Eigenschaften der Verbreitungskanäle in den Mittelpunkt rückt. Für Autorinnen und Autoren als Selfpublisher ergeben sich aus dieser Perspektive reichlich viele Möglichkeiten. Die Literaturproduktion ist ein Stück weit Abenteuer, in der manches, was ausprobiert wird, auch fehlerhaft oder nicht optimal ist. Aber als Feld für Innovationen verspricht der crossmediale Ansatz für die Literaturproduktion eine spannende Bereicherung der Kultur.
Crosslit als eine Variante im Selfpublishing basiert auf einigen Annahmen und auf empirischem Wissen und stellt Ideen zur Diskussion, die bisher in der literarischen Praxis noch nicht umgesetzt worden sind. Man muss Selfpublishing nicht zu eng fassen. Nicht alle Tätigkeiten im Feld literarisches Werk und Publikum muss der Selfpublisher alles selber machen. In der Praxis bewegt er sich oft erfolgreicher in Netzwerken einzelner Dienstleister in der Produktion und im Marketing. Das Entscheidende ist dann. Die Autorin, der Autor stellen sich ihr eigenes Team zusammen.